Christoph Wendner orientiert in Spanien

Während in Österreich die nationale Saison zu Ende ging, geht es Spanien erst richtig los. Christoph Wendner nutzt seinen Erasmus-Studienaufenthalt in Granada unter anderem auch in der Spanischen Liga seine Orientierungslauf-Erfahrungen zu vertiefen. Ein erster ausführlicher Bericht von aussergewöhnlichen Geländeformationen:

Am Montag, den 6. September 2021, habe ich meine Reise nach Granada, Andalusien, Spanien angetreten. Ich werde hier zwei Semester im Rahmen von Erasmus+ studieren und habe vor neben dem großartigen Studentenleben Granadas und der andalusischen Kultur auch an zahlreichen Orientierungsläufen teilzunehmen. Das zum Teil einzigartige Terrain Andalusiens lässt ein OLer-Herz höher schlagen; das beweisen schon die ersten drei Läufe, an denen ich bisher teilnehmen konnte!

Meinen ersten Lauf trete ich bereits in meiner zweiten Woche in Spanien im Zuge der Vereinsserie (so wie die O-Treffs bei uns) meines granadischen OL-Vereins namens Veleta an. Wenige Kilometer südöstlich Granadas findet sich ein kleiner Ort am Fuße der Sierra Nevada namens La Zubia. Dominiert von steppenartigem Terrain gestaltet sich die Mitteldistanz in Sprintmaßstab zu einem schnellen Rennen. Das auf weite Strecken offene Gebiet sorgt für ein hohes Tempo und relativ einfache Postenstandorte. Ob eines kleinen Kompassfehlers, der mich etwa 4 Minuten gekostet haben dürfte, kann ich mich am Ende des Wettkampfes über einen dritten Platz in der Herren Eliteklasse freuen!

Zieleinlauf in La Zubia

Am Wochenende des 9. und 10.10. fanden gleich zwei Wettkämpfe auf nationaler Ebene im Rahmen der sechsten Auflage der Trofeo Nazaríes statt, die von meinem granadischen Verein veranstaltet wurden.

Am Samstag (9.10.) wurde etwa eineinhalb Stunden von Granada am Nordostrand der Sierra Nevada eine Langdistanz in einem Ort namens Purullena ausgetragen. Die Landschaft und das Terrain Purullenas bieten sich hervorragend sowohl für einen technisch als auch physisch hochanspruchsvollen OL an. Sand, ausgetrocknete Erde sowie diverse Gesteinsformen halten sich dort die Waage und bilden zum Teil sehr hohe und steile Türme und Felsabbrüche, die es während des Laufes mehrmals zu überwinden galt. 

Zu Beginn des Rennens nehme ich mir vor ein langsames Tempo zu laufen, um den ersten Posten sicher und ohne größere Fehler zu finden. Das hat hervorragend geklappt, weshalb ich das Tempo zum zweiten Posten ein wenig erhöhe. Das gesteigerte Tempo und das dadurch weniger genaue Lesen der Karte rächen sich sofort und kosten mich einige Minuten bis ich den Posten finde. Der dritte Posten ist das erste „long leg“ des Rennens. Meine Entscheidung zu Beginn der Luftlinie entlang zu laufen, war vermutlich einer der gravierendsten Fehler des gesamten Laufes, da ich auf diesem Weg sehr steile Hänge, auf denen Laufen praktisch unmöglich ist, passieren muss bis ich den nächsten Weg auf das Hochplateau erreiche. Das Hochplateau erreicht, finde ich mich langsam in die Karte ein und finde die darauffolgenden Posten ohne gröbere Schnitzer. Trinkposten und kurze Pause. Weiter geht‘s in einen weißen Wald — eine willkommene Abwechslung zum sehr technischen Terrain davor. Kurze Zeit später muss ich wieder durch steile Hänge klettern, um meine Posten zu erreichen. Kurze Zeit und einen Fehler mittleren Ausmaßes später komme ich ein zweites Mal beim Trinkposten vorbei; das war bitter nötig. Die nächsten beiden, Gott sei Dank, sehr einfachen Posten jogge ich bevor ich wieder in einen Laufschritt falle. Posten 18 und 19 laufe ich sehr sauber an bevor ich kurz vor Posten 20 noch einmal das Angebot eines Trinkpostens ausnütze. Mittlerweile bin ich schon recht müde und etwas über zwei Stunden unterwegs. Mein anfängliches Ziel das Rennen unterhalb von zwei Stunden zu finishen verschiebe ich auf die nächste Langdistanz in Österreich und kämpfe mich weiter in Richtung Posten 21. Diesem Posten zolle ich den größten Tribut des gesamten Wettkampfes. Mental müde wähle ich eine schlechte Route und laufe in den falschen Graben bevor mir ein Läufer entgegenkommt, der ebenfalls auf der Suche nach demselben Posten ist. An einem ausgetrockneten Bachbett versuchen wir uns auf der Karte wieder zu finden als wir einen Läufer erblicken, der gerade einen Posten anläuft. Wir rufen ihm zu und fragen welcher Posten das ist — lucky me, es ist meine Nummer 22 und wir wissen wieder wo wir sind. Dennoch dauert es weitere 15 Minuten bis wir den Posten endlich finden, weil sich Unklarheiten zwischen kleinen Gräben und ausgetrockneten Rinnen ergeben. Motiviert das Rennen endlich zu beenden, begebe ich mich auf den Weg zu Posten 22, dann zu Nummer 23. Gewillt Posten 24 direkt anzulaufen, scheitere ich abermals an den steilen Felsabstürzen der Sandtürme. Ein letztes Mal nehme ich all meine Kraft zusammen und umlaufe diese steilen Säulen großräumig nördlich der Felskette. Posten 24 erreicht, fühle ich mich ausgelaugt und denke nur noch ans Ziel. Nach knapp über drei Stunden finishe ich als letztes von jenen acht Läufern, die das Rennen beendet haben. Fertig. Aus. Vorbei! Ich bin super happy die Möglichkeit gehabt zu haben so ein spannendes und technisches Gebiet zu belaufen!

Luftbild von Purullena
Kartenausschnitt Purullena
Die Erosionshänge von Purullena

Die ganze Karte der Langdistanz H21 Elite in Purullena als PDF

Am Sonntag (10.10.) fand im arabischen Viertel Granadas (Albaicín genannt) eine urbane Mitteldistanz statt. Das dichte Gassennetz mit seinen zahlreichen Stiegen, Sackgassen, Vorhöfen, Plätzen, Unter- und Überführung bietet einen Traum von urbanem OL! Das Tempo des Rennens ist zu Beginn sehr hoch und wird mit fortschreitenden Posten nicht wesentlich geringer. Einzig und allein die Höhenmeter, die es dabei zu bewältigen galt, haben langsam aber sicher die Kraft aus meinen vom Vortag müden Beinen gesaugt. Nach knapp über 40 Minuten sprinte ich ins Ziel — Platz 5! Der Lauf war insgesamt bis auf Schlussteil kurz vor dem Ziel technisch nicht besonders anspruchsvoll, jedoch war ein genaues Lesen der Karte zu jedem Zeitpunkt des Rennens essentiell, da man sonst sofort an einer Abzweigung falsch abgebogen wäre und sich schnell hätte verlaufen können.

Christoph Wendner im Albaicín, dem “Dach” Granadas.
Granatäpfel – die Frucht die der Stadt ihren Namen gibt! >> (span. Granada)

Die ganze Karte Mitteldistanz H21 Elite von Granada Albayzin

Ich freue mich bereits jetzt sehr auf die nächsten Orientierungsläufe in Spanien und hoffe darauf einiges an Erfahrung nach meinem Aufenthalt in Spanien nach Österreich mitbringen zu können und an die Interessierten weiterzugeben!

Links zu den Resultaten:

Mitteldistanz in La Zubia: http://obasen.orientering.se/winsplits/online/es/default.asp?page=table&databaseId=77458&categoryId=0
Langdistanz in Purullena: https://liveresultat.orientering.se/followfull.php?comp=20750&lang=es#M-E
Urbane Mitteldistanz in Granada: https://liveresultat.orientering.se/followfull.php?comp=20751&lang=es#M-E